Bunt: Fange mit Farbe Emotionen in deinen Fotos ein!

„Die Ära des Farbfilms hat die Kunst des Films von einer Nuance der Schönheit zu einem schrillen Spektakel gemacht, das die Essenz der menschlichen Erfahrung verfehlt.“ Rudolf Arnheim.

Harte Worte eines Filmkritikers aus den 40er Jahren.

Und selten lag Arnheim so falsch.

Bewusst und sinnvoll eingesetzt verstärkt Farbe im Film Emotionen. Führt der Wirkung noch eine weitere, künstlerische Ebene hinzu.

Eng verwandt mit dem Film: Die Fotografie.

Auch hier gab es anfangs große Bedenken bei der Einführung farbiger Bilder.

„Schwarz-Weiß-Fotografie ist eine reine Form des Ausdrucks, während Farbe oft als bloße Dokumentation wahrgenommen wird.“ – Ansel Adams.

Im Grunde gebe ich Ansel Adams sogar recht: Ohne bewussten Einsatz von Farben verkommt die Farbfotografie sehr schnell zu purer Dokumentation oder Knipserei.

Farbe kann aber so viel mehr!

Mit Farben steuerst du Emotionen, stellst Zusammenhänge her oder bringst mit Kontrasten Spannung in deine Fotos.

minimalistisches bild der ostsee mit türkisfarbenem himmel und einem kleinen streifen meer

Und damit aus deinen Fotos keine „schrillen Spektakel“ werden, habe ich dir in diesem Artikel das Wichtigste zum Thema „Farbe in der Fotografie“ zusammengetragen.

Nachsatz: Die Schwarz-Weiß-Fotografie reiße ich nur kurz an. Trage dich in meinen Newsletter ein und du erfährst am schnellsten, wenn ich den Artikel zum Urtyp der Fotografie veröffentliche. Denn den hat diese Form der Fotografie definitiv verdient!

Nun bringen wir aber mal ein bisschen Farbe in die Angelegenheit…

Achte auf die Farben in deinen Fotos!

muschel in nahaufnahme am strand mit sand bedeckt kalter weißabgleich
Ein Foto mit verstärkten Blau und Grüntönen
muschel am strand in nahaufnahme mit sand bedeckt warmer weißabgleich
Das gleiche Bild, diesmal mit verstärkten Rot und Gelb-Tönen.

Farben verändern die Wahrnehmung und Stimmung des Bildes.

Doch nicht nur das.

Farben verändern sich je nach Lichtquelle.

Die Begriffe „Blaue Stunde“ und „Goldene Stunde“ deuten es beispielsweise an.

Wenn die Sonne sehr tief am Horizont steht, trifft das Licht in einem sehr schrägen Winkel auf die Atmosphäre. Es überwiegen Rot- und Gelbtöne. Also sehr „warme“ Farben. Deshalb der Name „Goldene Stunde“.

grönländische küste mit eisbergen im wasser in goldenem licht zur goldenen stunde
Die Sonne steht sehr flach am Himmel, so dass die Gelb- und Rottöne des Lichts überwiegen.

Steht die Sonne hinter dem Horizont, fehlt die direkte Lichtquelle. Das Blau des Himmels wird sehr dominant und wirkt sich auf die Umgebung aus.

hamburg hafen containerkräne in der blauen stunde
Die blaue Stunde im Hamburger Hafen. Die Sonne ist hinter dem Horizont verschwunden, Blau und Magenta überwiegen.

Steht die Sonne sehr hoch am Horizont, zum Mittag im Sommer, wirken sämtliche Farben meist sehr stumpf, da das Sonnenlicht kaum gebrochen wird und ziemlich steil auf die Atmosphäre und Erde trifft. Die enorme Helligkeit sorgt dafür, dass Farben unscheinbar wirken, da sie sich nicht so recht gegen das starke Sonnenlicht behaupten können.

Ryolithberge auf Island in fahlem Mittagslicht
Die Sonne steht sehr hoch am Himmel. Dadurch wirken Farben und Kontrast sehr flau.

Und das betrifft nur die Lichtquelle Sonne.

Sicher kennst du aus dem Baumarkt diese „Lichtständer“. In kleinen Fächern stecken jeweils andere Leuchtmittel. So kannst du bei der Raumfarbe deiner Wahl direkt sehen, wie diese bei Sonnenlicht, Kerzenlicht, Halogen-Lampen oder Neonröhren wirkt. So ähnlich gehst du in der Fotografie in Innenräumen auch vor.

Ähnlich ist es bei Konzerten. Nur das hier sogar noch eine Herausforderung hinzu kommt: Das Licht verändert sich rasant und verwirbelt viele unterschiedliche Farbtöne. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Menschen auf der Bühne und ihre Darstellung im Foto.

Du siehst: Farben sind ein komplexes Thema.

Doch damit nicht genug: Aus der Psychologie wissen wir, dass wir Menschen mit Farben Emotionen verknüpfen.

Das sollten wir uns genauer ansehen:

Wir verknüpfen Emotionen mit Farben

Dies funktioniert über Assoziationen.

seebrücke in kiel mit vereister ostsee zum sonnenaufgang
Ich habe die Farben bewusst sehr kühl gewählt, um so den Eindruck der Kälte noch besser zu vermitteln.

Gelbe Farbtöne rufen das Gefühl der Wärme hervor, da Sonne und Feuer gelblich leuchten.

Grün wirkt natürlich. So wie eine saftige Wiese im Frühjahr oder der Wald nach einem Sommerregen.

Hier ein kurzer Überblick über die Wirkung von Farben und die damit assoziierten Emotionen. Der Übersicht halber beschränke ich mich dabei auf die elf wichtigsten:

  • Blau: Blau steht einerseits für Seriösität, Glaubwürdigkeit und Professionalität, andererseits auch für Kühle und Distanz
  • Grün: Grün steht einerseits für Natürlichkeit, Hoffnung, Erholung und Harmonie, andererseits auch für Gift oder Neid.
  • Gelb: Gelb steht einerseits für optimistisch, glücklich, hell und heiter, andererseits auch für Gift, Gier und Gefahr.
  • Orange: Orange steht einerseits für vital, günstig, lebensfroh und stimulierend, andererseits auch für laut aufdringlich, billig
  • Rot: Rot steht für stark, dominant, selbstbewusst und Aufmerksamkeit, andererseits für Aggressivität, Arroganz, Gefahr
  • Violett: Violett steht einerseits für Würde, Wohlstand, kreativ und souverän, andererseits für eitel, exzentrisch und unnahbar
  • Rosa: Rosa steht einerseits für Wärme, Weichheit, Jugend und Romantik, andererseits für Naivität, Kitsch und kindlich.
  • Braun: Braun steht einerseits für Naturverbundenheit, Bodenständigkeit, Tradition und Wärme, andererseits auch für rückständig, übertrieben konservativ, langweilig und dreckig (insbesondere in Deutschland hat Braun zusätzlich eine sehr negative Assoziation…)
  • Schwarz: Schwarz steht einerseits für Seriösität, Luxus, Eleganz und geheimnisvoll, andererseits auch für Trauer, Traurigkeit, Schwermut und Düsternis
  • Weiß: Weiß steht einerseits für Reinheit, Unschuld, Minimalismus und Perfektion, andererseits auch für Kühle, Unnahbarkeit und Sterilität
  • Grau: Grau steht einerseits für Alter, Nüchternheit, Seriösität und Bescheidenheit, andererseits auch für Ödnis, Einsamkeit, Tristesse und Langeweile

Wie du siehst, kannst du mit Farben unterschiedliche Assoziationen und Bedeutungen hervorrufen. Sowohl positive als auch negative.

Dies hängt von einigen Faktoren ab: Intensität, Schattierung und Mischungsverhältnis sind nur drei.

Bevor ich abdrifte: Farben bewirken Assoziationen in unseren Köpfen. Gleichzeitig unterliegt die Wirkung von Farben kultureller Vermittlung.

Während im westlichen Europa schwarz die Farbe der Trauer ist, tragen Menschen bei einem Todesfall in China weiß.

Hier verstecken sich Stolpersteine.

Wenn du Farben bewusst für die Gestaltung deiner Fotos nutzen willst, bedenke dein gewünschtes und tatsächliches Publikum.

Aber auch die Kombination verschiedener Farbtöne wirkt sich auf die Assoziationen deines Publikums aus.

Viel stärker in die Farbpsychologie will ich mit dir aber nicht eintauchen. Dafür ist das Thema zu komplex.

Wichtig, und deshalb an dieser Stelle die Wiederholung: Farben wecken Emotionen.

Es liegt an dir, welche das sind.

Im Kontrast liegt die Schönheit!

Die größte Befürchtung einer*s Fotograf*in: Niemand beachtet die Bilder.

Was dagegen hilft: Spannung!

Eine gute Methode für Spannung in deinen Fotos zu sorgen: Kontraste. In diesem Fall, Farbkontraste.

Wenn du Kontrasten allgemein mehr wissen möchtest, lies meinen Artikel „Kontraste – sorge für Spannung in deinem Bild.“

Farbkontraste gibt es in vielen verschiedenen Varianten.

Der wohl bekannteste ist der Komplementärkontrast.

Drei davon blieben aus irgendeinem Grund seit meiner Schulzeit in meinem Hirn haften. Streng genommen sind dies aber keine Komplementärkontraste, da sie zusammengemischt einen Braunton ergeben. Kein Schwarz, Grau oder Weiß.

Rot – Grün
Orange – Blau
Gelb – Violett

Die jeweils zuerst genannte Farbe ist die dominante.

Bedeutet: Diese Farben wirken und werden wahrgenommen auch wenn sie in einem kleinen Aufteilungsverhältnis stehen.

Einen kleinen roten Punkt in einem großen grünen Feld nimmst du sehr schnell war. Einen kleinen grünen Punkt in einem großen roten Feld hingegen nicht:

Die Idee der Komplementärkontraste beruht auf dem Farbkreis nach Itten.

Dabei stehen sich die Kontrastfarben direkt gegenüber:

farbkreis nach itten
Rot und Grün, Gelb und Lila und Orange und Blau liegen sich gegenüber.

Behalte diese drei Paare beim Fotografieren im Hinterkopf und bewusst danach Ausschau.

Wenn du Portraits fotografierst, stelle dein Modell mit oranger Kleidung vor einen blauen Hintergrund. Das Modell fällt im Bild sofort auf.

In der Harmonie aber auch

Neben Kontrasten gibt es auch das Gegenteil: Harmonie.

Auch mit Harmonie sorgst du für Beachtung deiner Fotos.

Nun stellt sich aber sicher folgende Frage: „Woher weiß ich denn, wann Farben miteinander harmonieren?“

Zumindest mir stellte sich diese Frage, da ich im Kunstunterricht zwar mit kreativen Ideen glänzen konnte, aber sowohl in der praktischen Umsetzung als auch in der Kunsttheorie krachend scheiterte.

Hier mein Weg: Rufe dir den Farbkreis wieder in Erinnerung.

Wir stürzen uns auf den äußeren Kreis.

Die erste Harmonieform: Analog-Farben.

Damit sind Farben gemeint, die im Kreis nebeneinander liegen. Beispiel: Gelb ist unsere Ausgangsfarbe. Die harmonischen Analog-Farben sind in diesem Fall Gelbgrün und Gelborange.

farbkreis itten, harmonische farben markiert

Durch die ähnliche Farbtemperatur entsteht eine sehr harmonische Wirkung. Die Unterschiede werden als fließend und damit angenehm wahrgenommen.

sonne scheint sternförmig durch lichten buchenwald
Durch die Farben im angesprochenen Harmoniebereich, wirkt das Bild in der Farbwahl sehr ausgewogen.

Leichte Nuancen des gleichen Grundtons schafft Verbindung der farbigen Elemente. Auch dies lässt sich in der Fotografie gut nutzen, wenn beispielsweise bei einem Paar die beiden Personen leicht nuancierte Farbtöne in der Kleidung tragen.

Oder das klassische Beispiel in der Fotografie: Der Sonnenunter- oder aufgang.

Am Himmel lässt sich dabei beobachten, wie die Farben von gelb bis hin zu blau Farbe für Farbe den Farbkreis durchlaufen. Und sich teilweise, bis auf die Grüntöne der gesamte Farbkreis am Himmel gleichzeitig zeigt:

steine in glatter ostsee zum sonnenuntergang mit nahezu kompletten farbspektrum im himmel
Nahezu alle Farben, bis auf Grün, des Farbkreises zum Sonnenuntergang

Deshalb wirkt dieses natürliche Lichtershow auch so beruhigend.

Oder anders ausgedrückt: Mit der analogen Farbharmonie drückst du Ruhe, Gelassenheit und Entspannung aus.

Die zweite Harmonieform: Das quadratische Farbschema

Dafür legen wir gedanklich ein Quadrat auf den äußeren Farbkreis.

Jede dritte Farbe gehört zudieser Farbharmonie, so dass bei 12 Farben die vier Ecken vier Farben zur Verfügung stellen.

farbkreis ippen markiert mit vier kontrastfarben

Da diese sich in Wirkung und Helligkeit unterscheiden, musst du hier bei der praktischen Anwendung darauf achten, dass die gewählten Farben in einem angenehmen Mischungsverhältnis stehen. Oder besser noch: Dass sie die Aussage deines Bildes verstärken.

Willst du beispielsweise mit deinem Foto provozieren, bekommen die hellen und auffälligen beiden Farben mehr Anteile im Foto selbst.

Und noch eine dritte Harmonieform: Das triadische Farbschema

Eben war es ein Quadrat, nun legen wir gedanklich ein Dreieck auf den Farbkreis.

Zwischen den einzelnen Ecken liegen jeweils drei Farben, die wir nicht beachten.

So erhalten wir drei Farben, die in einem besonders harmonischen Verhältnis zueinander stehen.

farbkreis nach itten mit markierter triadischer harmonie

Wie beim Quadrat: Achte auf eine ausgewogene Mischung der hellen und dunklen Farbtöne.

Oder eben nicht, wenn du provozieren möchtest oder es nicht zu deiner Bildaussage passt.

Farbverläufe schaffen Übergänge, Verbindung ja sogar Brücken

Sonnenuntergänge.

Nach Hundewelpen und Katzenbabys das am häufigsten fotografierte Motiv.

Sicher ein Grund: Der breite Farbverlauf am Himmel, wenn die Sonne sich bereits hinter den Horizont verabschiedet hat.

Wie ich bereits erwähnte: Der Himmel zeigt, mit Ausnahme der Grüntone, den kompletten Farbkreis im Verlauf.

Das allein sorgt schon für Staunen.

Je nach gewünschter Aussage kannst du nach Farbverläufen Ausschau halten, oder du baust sie bewusst auf.

Wie du so etwas bewusst aufbauen kannst? Dies geht beispielsweise durch einen verschwommenen Hintergrund bei Portraits. Die Unschärfe reduziert störende Kontraste, so dass reine Flächen mit Farben übrig bleiben. Zur besseren Erklärung ein Beispielbild:

libelle auf tau vor stark verschwommenen, grün-braunen hintergrund
Die weit geöffnete Blende sorgt für einen passenden Farbverlauf im Hintergrund; so lenkt nichts vom Hauptmotiv ab.

Hier kommen wir dann wieder auf die Farbkontraste und -harmonien zu sprechen.

Farben in der Fotopraxis

„Super, Farben sind wichtig. Kontraste und Harmonien auch. Habe ich verstanden. Und nu? Es gibt doch kaum zwei-, drei- oder vierfarbige Motive. Da ist doch immer viel mehr drumherum. Wie soll das gehen?“

Du hast Recht. Selbst wenn du in einem Mohnblumenfeld stehst und dort nahezu ausschließlich Rot und Grün auftauchen, schleichen sich auch andere Farben in dein Foto. Vielleicht der Himmel. Ein Sonnenstrahl. Dein Schatten. Eine Biene oder eine andere Blume.

Reine Farbharmonien oder -kontraste wirst du in der Natur nicht finden. Im Studio fällt das viel leichter.

Was ich dir mit der Theorie mitgeben will: „Halt die Augen offen!“

Es gibt mehr Farbverbindungen in der Natur als du denkst. Du musst sie nur finden.

Und dann besteht die Kunst darin, dein Foto so zu gestalten, dass die Farbtheorie dein Motiv unterstützt, eine gewünschte Aussage unterstreicht oder Spannung ins gesamte Bild bringt (wenn durch Farbe und Aufbau vielleicht ein Widerspruch entsteht).

Überlege dir BEVOR du den Auslöser drückst, wie viel Raum du den farbigen Elementen in deinem Bild geben willst.

Ein Beispiel:

flussspiegelung mit drei bergen unter locker bewölktem himmel
Die Mündung des Rapaädno in Nordschweden.

Oben siehst du ein Beispiel für eine analoge Farbharmonie. Die gesamte Szenerie wirkt sehr ruhig und beeindruckend. Steht hier jetzt irgendwo eine Person mit einer roten Regenjacke im See, geht die Atmosphäre der Aufnahme kaputt.

Die Anteile der analogen Farbharmonie sind sehr gering. Die Uferlinie sticht mit dem auffälligen Grün etwas heraus. Geht dann aber sehr schnell ins Blassblaue über. Es existieren nur sehr dezente Kontraste, so dass die Farben die Ruhe der Aufnahme unterstützen.

Ohne dass das gesamte Bild aus der analogen Farbharmonie bestehen würde. Denn es gibt, besonders im Himmel, große Anteile von Weiß. Und auch Grau und braun mischen sich ins Bild.

Und genau darum geht es in der Fotografie: Die Farben entweder schon bei der Aufnahme mit zu bedenken (das steuerst du beispielsweise durch die Tageszeit) oder in der Nachbearbeitung so zu dämpfen/ zu verstärken, dass sie die Wirkung des Fotos unterstützen oder auch bereichern.

Das Licht am Ende des Tunnels.

„Dort hinten wird es hell.“

Nach fast 20 Jahren im Norden ist der Spruch aus meinem Leben nicht mehr wegzudenken.

Einerseits verbindet sich damit Hoffnung (die Regenwolken ziehen schon wieder ab), andererseits beschreibt das Sprichwort noch etwas anderes: Unser Blick wandert zwangsläufig zum hellen Flecken am Horizont.

Das menschliche Hirn funktioniert so auch bei Fotos: Helle Bereiche ziehen die Aufmerksamkeit auf sich.

Sowohl in klassischen Schwarz-Weiß-Aufnahmen als auch in Farbfotos.

Im ersten Fall sind es weiß und helle Grautöne, im zweiten Fall ebenfalls weiß und sehr helle Farben.

Mit einer geschickten Farbwahl kannst du so die Blicke des Publikums steuern.

Oder dir schon vor einem Fototermin überlegen, wie du interessante Elemente besonders hervorheben kannst.

Beispiel gefällig?

scharfkantige berggipfel vor leuchtenden wolken mit leuchtendem wolkenband vor gipfeln
Hell und Dunkel im Wechselspiel

Hell und Dunkel stehen hier in einem spannenden Verhältnis. Das helle Wolkenband im unteren Teil zieht sofort den Blick auf sich. Dadurch wirken die Gipfel dahinter gleich noch viel gewaltiger. Und eingerahmt werden diese massiv wirkenden Berge durch die hell leuchtenden Wolken hinter den Bergen.

Der Blick der Zuschauenden gelangt also erst indirekt auf das eigentliche Hauptmotiv: Die Gipfel. Und durch die Rahmung der sehr hellen Bildteile, wirken die Berge deutlich imposanter und eindrücklicher.

Wie du die Technik für deine Fotos nutzt

Reicht dann auch mit der Theorie?

Lass‘ uns zur Praxis übergehen.

Die Farben beeinflusst du in zwei groben Bereichen: während des Fotografierens und in der Nachbearbeitung.

Wo du Einfluss auf die Farben während des Fotografierens nimmst?

Farbe ist nichts als Reflexion von Licht.

Entsprechend beeinflusst das Licht die Farben während der Aufnahme.

Ziehst du zum Sonnenaufgang los oder zur Mittagszeit?

Verwendest du im Studio Lampen mit unterschiedlicher Lichttemperatur?

Beim Tageslicht kannst du nur begrenzt Einfluss nehmen. Zwar kannst du mit verschiedenen Filtergläsern experimentieren, dafür birgt deine Kamera aber sehr viel einfachere Möglichkeiten. Dazu kommen wir gleich.

Versuche dennoch, zu unterschiedlichen Tageszeiten zu fotografieren. Am besten immer das gleiche Motiv und beobachte die Veränderungen in der Bildwirkung.

bank auf felsen vor feld aus eis mit dichten wolken
DIE Bank am Ilulissat Eisfjord, bei mäßigem Wetter.
bank auf felsigem untergrund vor treibenden eisbergen in den farben des sonnenuntergangs
Ähnliche Szenerie, bei woligem Himmel zum Sonnenuntergang.

Um das ganze auf die Spitze zu treiben: Fotografiere das Motiv nicht nur zu unterschiedlichen Tageszeiten, sondern auch bei unterschiedlichem Wetter. Ob wolkenlos, Nebel, verhangener Himmel… . Sammle Erfahrung im Umgang mit dem natürlichen Licht. Es wird sich auszahlen!

Für die Studiofotografie kann ich dir leider nicht viel Hilfe geben. Dabei fehlt es mir schlicht an Wissen (ja, das könnte ich mir anlesen) und Erfahrung (das lässt sich nicht einfach beheben, zumal ich auf Studiofotografie auch einfach keine Lust habe…). Wenn du speziell zur Studiofotografie mehr wissen möchtest: Markus Thoma hat einen sehr guten Artikel zur Beleuchtung in der Portraitfotografie geschrieben.

Nur soviel an dieser Stelle: Unterschiedliche Lampen erzeugen unterschiedliches Licht. Denk an die Lichtboxen im Baumarkt. Die Farbkarten wirken je nach Lichtquelle sehr unterschiedlich.

Ein Weg, die Farben deiner Bilder in der Kamera zu beeinflussen:

Direkt auf die Darstellung der Farben nimmst du Einfluss mit: dem Weißabgleich.

Da ich dazu schon einen Artikel verfasst habe (Der Weißabgleich – Farbe und Stimmung in deinen Bildern) fasse ich mich an dieser Stelle kurz.

Wie erwähnt: Licht ist nicht gleich Licht. Je nach Wellenlänge ruft es andere Farbeindrücke hervor. Unser Hirn hat gelernt diese automatisch auszugleichen, so dass ein rotes Auto in unserer Wahrnehmung immer gleich „rot“ aussieht.

Wir verfügen über einen eingebauten, sehr starken, automatischen Weißabgleich.

Unsere Kamera kann das nicht.

Sie misst die Farbtemperatur und schlägt automatisiert eine Ausgleichstemperatur vor.

Das klappt in den meisten Fällen sehr gut.

Manchmal liegt sie aber auch deutlich daneben.

Besonders häufig bei Schnee, wenn das viele Weiß die Sensoren verwirrt.

sonne scheint durch verschneite bäume kühler weissabgleich
Da lag meine Kamera so richtig daneben.

In diesem Falle kannst du den Weißabgleich manuell einstellen.

sonne scheint sternförmig durch verschneite bäume wärmere farben
Ich habe es rechtzeitig gemerkt und die die Farbtemperatur noch in der Kamera angepasst.

Aber nicht nur in diesem Fall.

Nutze doch die Möglichkeit und experimentiere mit dem Weißabgleich bei deinem nächsten Ausflug. Beobachte dabei die Wirkung deines Fotos je nach Farbdarstellung.

Für mich war das seinerzeit ein absolutes Aha-Erlebnis.

Kleiner Tipp: Nimm deine Fotos im RAW-Format auf (wenn möglich). Denn in diesem Format legst du den Weißabgleich erst bei der Umwandlung von RAW zu JPEG fest und hast somit in der Nachbearbeitung alle Freiheiten.

Falls dir der Begriff „RAW-Format“ nichts sagt: RAW oder JPEG? – Glaubensfrage in der Fotografie

Ein weiterer Weg, Farben während der Aufnahme zu beeinflussen:

Filter.

Zu analogen Zeiten deutlich häufiger genutzt, heute tauchen im Grunde nur noch Grau(-verlaufs)filter und Polfilter regelmäßig auf.

Als hauptsächlich auf Film fotografiert wurde, erfreuten sich Farbfilter einer großen Beliebtheit.

Einerseits ließ sich mit diesen Farbfiltern auf unterschiedliche Lichttemperaturen reagieren, wenn der Film an seine Grenzen stieß.

Andererseits nutzten Fotograf*innen diese Farbfilter zum Experimentieren.

Durch die Bildsensoren und den bereits angesprochenen Weißabgleich verschwand die Notwendigkeit von Farbfiltern.

Am ehesten tauchen diese in der Studiofotografie auf, um die Beleuchtung zu beeinflussen.

Es gibt zwar noch Farbfilter, diese werden aber außerhalb eines Studios sehr selten genutzt.

Ein letzter Weg, Farben während der Aufnahme zu beeinflussen:

Die internen Einstellungen.

Dies ist aber nur ein indirekter Weg.

Denn die Einstellungen beziehen sich allein auf das JPEG-Format.

blauer eisberg vor grönland in braun-tönen
Schlau wie ich bin, fotografierte ich 2016 in Grönland nur im JPEG-Format und hatte die interne Bearbeitung der Fotos nicht überprüft. Das war das Ergebnis.
blauer eisberg vor grönländischer küste korrigiert
Es hat mich einiges an Zeit gekostet, bis ich die Fotos in der Nachbearbeitung so hinbekam, dass sie sich mit meiner Erinnerung deckten.

Nimmst du deine Bilder im RAW-Format auf, kommen die Einstellungen nicht zum Tragen.

Mit einer Ausnahme: Es gibt RAW-Konverter, die die Voreinstellungen lesen können und dir auch die RAW-Dateien entsprechend darstellen. Das sind das meistens die Programme, die von den Herstellern selbst veröffentlicht und mit den Kameras vertrieben werden.

Meine Empfehlung:

  1. Fotografiere im RAW- und JPEG-Format.
  2. Nimm dir Zeit und durchforste das Menü nach den Einstellungen in deiner Kamera.
  3. Passe Farben, Kontrast und alle weiteren Einstellungen (hier unterscheiden sich die Hersteller sehr stark) so an, dass dir das Ergebnis gefällt.

Warum?

So verfügst du einerseits ohne viel Aufwand über ein nahezu fertiges Bild, wenn es schnell gehen soll/muss.

Andererseits kannst du mit der RAW-Datei deines Fotos wild rumexperimentieren und Sachen ausprobieren (und damit auch zu deinem eigenen Bildstil finden, aber das ist ein anderes Kapitel…). Und du hast mit der RAW-Dateien Sicherheit, falls du interne Einstellungen verändert hast, an die du dich nicht mehr erinnerst.

Und wo ich schon so viel über Nachbearbeitung schreibe:

Beeinflusse die Farben durch Nachbearbeitung

In der Nachbearbeitung beeinflusst du die Farben deines Fotos natürlich auch.

Am deutlichsten über den schon erwähnten Weißabgleich.

Geht zwar mittlerweile auch bei JPEGs, führt aber zu Verlusten in der Bildqualität.

Einfacher und entspannter: im RAW-Format.

In einem RAW-Entwicklungsprogramm deiner Wahl kannst du nach Herzenslust den Regler für den Weißabgleich verschieben, das Foto exportieren und mit anderen Versionen des gleichen Bildes vergleichen. Falls du noch nie mit einem RAW-Konverter gearbeitet hast und eine Anleitung brauchst: „Bildbearbeitung mit RAW Therapee – in 10 Minuten bessere Bilder„.

Natürlich ist das nicht die einzige Möglichkeit, in der Nachbearbeitung Einfluss auf die Farben zu nehmen.

Viel mehr stehen dir hier sämtliche Möglichkeiten offen.

Am häufigsten verwende ich die Regler „Helligkeit“ und „Sättigung“.

Die Bezeichnung der Regler erklärt deren Funktion.

Auch hier ein kleiner Tipp: Dreh‘ die Regler in die andere Richtung. Also entsättige dein Bild oder verpasse deiner Aufnahme einen bewusst düsteren Look.

sonnenuntergang an der ostsee bei wolkenlosem himmel im hochformat
rein von der kamera bearbeitetes Bild

Das zweite Bild war das Ausgangsbild in der Darstellung des RAW-Konverters. Das erste Foto ist eine meiner bearbeiteten Varianten.

Du wirst überrascht sein, was du aus deinen Fotos alles herausholen kannst.

In Bildbearbeitungsprogrammen wie Gimp oder Photoshop kannst du aber auch gezielt einzelne Farben beeinflussen. Beispielsweise Gelb und Grün stärker sättigen, so dass das frische Grün des Waldes deutlicher ins Auge fällt.

Oder du regelst eine sehr präsente Farbe etwas herunter um so mehr Harmonie und Ausgewogenheit in dein Bild zu zaubern.

Bei manchen Fotos vom Sonnenuntergang nahm ich die Sättigung bewusst zurück, da die Farben viel zu stark gesättigt sind. Ich will das Publikum ja nicht anschreien.

Auch hier noch ein kleiner Tipp für etwas Anschauungsmaterial: Kennst du Martin Hülle? Sein Stil beruht auf sehr dezenten Farben. Dennoch beeindrucken seine Bilder. Schau sie dir an und lass‘ dich inspirieren. Es muss nicht immer knallen: Martin Hülle – Vollendung

Gelesen hast du nun genug. Jetzt geht’s an die Umsetzung. Und damit diese dir möglichst ohne Hürden gelingt, habe ich dir unten drei Aufgaben gestellt. Sieh diese als Anschubser, falls du durch die Fülle an Informationen nicht genau weißt, wo du anfangen sollst.

Farbe in der Praxis

Aufgabe 1 Komplementärkontraste

Suche dir einen roten und grünen Gegenstand.

Das können Handtücher, Stifte, Flaschen, Getränke, Klebezettel oder etwas ganz anderes sein.

Stelle die beiden Gegenstände im Sinne des Komplementärkontrastes in Beziehung zueinander.

  1. Rücke den grünen Gegenstand so in den Fokus, dass er deutlich mehr Fläche im Foto einnimmt.
  2. Schnall‘ deine Kamera auf ein Stativ und mach‘ ein Bild.
  3. Kehre die Anordnung um. Rücke den roten Gegenstand in den Fokus.
  4. Nimm ein weiteres Bild auf.
  5. Vergleiche die beiden Bilder am besten auf einem großen Monitor.

Sieh dir die beiden Bilder genau an. Wie verändert sich die Wirkung? Wohin wandert dein Blick? Verändert sich die Beziehung der beiden Gegenstände zueinander in den beiden Bildern?

Nachtrag: Du kannst die Aufgabe natürlich auch mit den anderen beiden Farbkombinationen (Blau-Orange, Gelb-Lila) erledigen. In meinem Haushalt sind allerdings Rot und Grün deutlich stärker vertreten als die anderen beiden Kombinationen.

Aufgabe 2 Das Tageslicht erkennen

Diese Aufgabe wird aufwendiger.

Such‘ dir draußen ein schönes, leicht zu erreichendes Plätzchen.

Das kann dein Balkon, dein Garten, der Teich, der Park oder die Ostsee sein.

Nimm an einem beliebigen Tag ein Foto auf und merke dir rudimentär deinen Standort.

Und jetzt wiederholst du zu unterschiedlichen Tageszeiten (vor Sonnenaufgang, nach Sonnenaufgang, Mittagszeit, Nachmittag, Sonnenuntergang, nach Sonnenuntergang) und bei unterschiedlichen Witterungen (Regen, direktes Sonnenlicht, bewölkter Himmel, grauer Himmel…) das Foto.

Vergleiche die nach und nach entstehenden Bilder und achte besonders auf das Licht. Wie verändert es die Szenerie? Wie wirken sich Schattenwurf und Kontraste auf die Wirkung aus? Verändern sich die Farben? Was fällt dir auf?

Aufgabe 3 Nutze den Weißabgleich

Wichtig: Bilder im RAW-Format erleichtern die Aufgabe enorm. Geht aber auch mit JPEG.

Öffne ein Foto im Bildbearbeitungsprogramm deiner Wahl.

Suche dir die Funktion „Weißßabgleich“, „White Balance“ oder „Farbtemperatur“.

Schiebe mutig die Regler hin und her und speichere die unterschiedlichen Versionen deines Bildes.

Mindestens drei Versionen wären gut, mehr geht immer.

Sieh dir im Nachhinein die unterschiedlichen Ergebnisse an.

Vergleiche auch hier wieder die Wirkung der unterschiedlichen Bilder. Welche Version wirkt besonders freundlich? Welche Version schreckt eher ab? Kannst du erkennen, dass je nach Farbgebung andere Wirkungen entstehen?

Nachtrag: Diese Aufgabe kannst du übrigens auch direkt beim Fotografieren anwenden:

  • Dazu suchst du dir in deinem Kameramenü den Eintrag Weißabgleich/WB
  • Schalte die Automatik aus und gib händisch einen Kelvin-Wert vor.
  • Verändere bei jeder Aufnahme den Kelvin-Wert.
  • Vergleiche am heimischen Monitor die Ergebnisse.

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